Für Millionen Angestellte ist es morgens gleich nach dem Kaffeekochen der erste Handgriff: Computer anschalten und nachgucken, ob es neue E-Mails mit lustigen Bildern oder Spielchen gibt. Parole: Öffnen, lachen, weiterschicken. Zwei Maus-Clicks weiter – schon ist der Spaß als elektronischer Kettenbrief in der ganzen Belegschaft rum.

Das „Moorhuhnschießen“ ist derzeit das beliebteste Spiel in Deutschlands Büros.

Moorhuhnschießen, Sex-Comics und Video-Clips machen Deutschlands Chefs verrückt – jetzt verbieten die ersten Firmen Computerspiele und E-Mails. Weil die Firmenrechner zusammenbrechen…

Bei der Dresdner Bank (49 000 Mitarbeiter) stürzte kürzlich der Zentral-Computer ab, Grund: Ein Motorrad-Fan hatte mit einem Mausklick eine E-Mail mit angehängtem Foto gleichzeitig an alle Mitarbeiter verschickt – als Einladung zum Biker-Treff. Tausende klickten postwendend den Antwortbefehl. Die Folge: Systemüberlastung, Computer-Chaos, nichts ging mehr. Eine Banksprecherin: „Danach haben wir den E-Mail-Verteiler ,an alle‘ gesperrt.

Die kostenlosen Spiele, Bilder, Video-Clips und Tondateien überschwemmen geradezu Deutschlands Büro-Computer. Sie stammen von Internetseiten (z. B. www.funnypage.de und www.autsch.de). Was Deutschlands Chefs zur Verzweiflung bringt: Auch bei Mitarbeitern, die selbst keinen Internet-Zugang haben, stapeln sich die „Rechner-Bomben“ – E-Mail (eigentlich für die interne Bürokommunikation gedacht) macht’s möglich.

Ein Angestellter am Computer, auf dem Monitor zu sehen: die E-Mail, die er verschickt.

Derzeit die Hits auf den Büro-Computern:
nach Moorhuhnschießen das Tetrisspiel nur für Erwachsene, der „Maschendrahtsound“ von TV-Total-Moderator Stefan Raab und Al Bundys Beschreibung von der „perfekten Frau“.

Computerexperte Stefan Herold (31): „Diese Dateien sind oft sehr groß, nehmen sie viel Speicherplatz weg. Die Folge: Das System wird langsamer, ist völlig überlastet. Es kann sogar zum Absturz kommen. Die Kosten, um das System wieder zu reparieren, sind beträchtlich, die Firma ist stundenlang, manchmal sogar Tage zwangsweise stillgelegt.“

Bei DaimlerChrysler sind deshalb private E-Mails und Surfen im Internet ganz verboten. Sprecher Norbert Burchard: „Wer dagegen verstößt, bekommt eine Abmahnung. Im Wiederholungsfall droht sogar die Entlassung.“ Arbeitsrechtler Prof. Detlev Joost (54), Uni Hamburg: „Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer private E-Mails empfangen. Das Versenden ist nur mit Einwilligung des Arbeitgebers gestattet. Treten durch solche E-Mails Schäden am Computer-System auf, die vom Arbeitgeber nachgewiesen werden können, kann der Mitarbeiter zumindest teilweise haftbar gemacht werden.“

Quelle: 2000 Bildzeitung